Falls der Leser meint, dass diese Auffassung doch wohl etwas übertrieben ist, was die Bedeutung der Kunst anbelangt, dann geben wir ihm selbstverständlich recht. Unterstützung bekommen wir dabei durch den "Altmeister" der Psychoanalyse: Sigmund Freud.

"Das Leben, wie es uns auferlegt ist, ist zu schwer für uns, es bringt uns zuviel Schmerzen, Enttäuschungen, unlösbare Aufgaben. Um es zu ertragen, können wir Linderungsmittel nicht entbehren. (Es geht nicht ohne Hilfskonstruktionen, hat uns Theodor Fontane gesagt.) Solcher Mittel gibt es vielleicht dreierlei; mächtige Ablenkungen, die uns unser Elend gering schätzen lassen, Ersatzbefriedigungen, die es verringern, Rauschstoffe, die uns für dasselbe unempfindlich machen. ...


Irgend etwas dieser Art ist unerlässlich. Auf Ablenkungen zielt Voltaire, wenn er seinen "Candide" in den Rat ausklingen lässt, seinen Garten zu bearbeiten; solch eine Ablenkung ist auch die wissenschaftliche Tätigkeit. Die Ersatzbefriedigungen, wie die Kunst sie bietet, sind gegen die Realität Illusionen, darum nicht minder psychisch wirksam dank der Rolle, die die Phantasie im Seelenleben behauptet hat. "

Sigmund Freud: Das Unbehagen in der Kultur, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1994


Auch die Religionen sind natürlich ein Mittel, das Leben für uns erträglich zu gestalten. Ein Linderungsmittel kann auch die Geborgenheit in einer Gemeinschaft sein, das Empfinden von "Sinn" oder das Gefühl "Spuren" zu hinterlassen.


Unter den "Rauschstoffen", wie sie Freud bezeichnet, sind nicht nur Drogen (also auch Zigaretten und Alkohol) im weitesten Sinne, sondern nach unserer Auffassung auch alle -den Menschen abhängig machenden-Lustbefriedigungen, also insbesondere alle Suchtbefriedigungen, zu verstehen. Es gibt viele Süchte, auch der Wunsch nach Anerkennung, Gruppenzugehörigkeit, Bekanntheit, Macht, Geld, nach Schönheit, ... kann zu einer Sucht führen. Alles also, was jenseits bestimmter "natürlicher Grundbedürfnisse" beim Entzug zu unangenehmen Entzugserscheinungen führen kann. Zur Aufklärung, was als Sucht wirken kann, was geeignet ist eine Sucht hervorzurufen, kann eine entsprechende Untersuchung des Gehirns zu durchaus bemerkenswerten, teilweise auch etwas skurrilen, Ergebnissen führen:

"Bewiesen!
Liebe ist wie Rauschgifr
Ottawa- Kanadische Wissenschaftler der Universität Concordia zeigten Testpersonen erotische Fotos ihrer Partner und maßen dazu die Gehirnströme. Ergebnis: Die Bilder lösten die gleichen Reaktionen in der Großhirnrinde aus, wie es sonst nur Rauschgift vermag. "

(BILD-BUNDESAUSGABE , 22.6.2012)

Der Leser mag sich hierzu und zu seinem "eigenen Suchtverhalten" eine eigene Meinung bilden und sich auch wundern: Warum haben die Wissenschaftler eigentlich keine Magnet- Resonanz- Tomographie (MRT)bei ihrer Untersuchung angewendet? ....


 

Zurück