Bertrand Russell: Eroberung des Glücks, Neue Wege zu einer besseren Lebensgestaltung, suhrkamp taschenbuch 389, 1977 , ISBN 978-3-518-36889-3

 

"Die Gewohnheit, in die Zukunft zu blicken mit dem Gedanken, dass die Bedeutung der Gegenwart einzig in dem beschlossen liegt, was sie hervorbringen wird, ist durchaus von Übel. Das Ganze kann keinen Wert haben, wenn nicht die einzelnen Teile auch Wert haben. Das Leben lässt sich nicht nach Art eines Melodrams auffassen, in dessen Verlauf Held und Heldin unermessliche Geschicke durchmachen, für die sie zum Schluss durch ein Happy-End belohnt werden.

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Warum aus alledem ein Trauerspiel machen? Im Gegenteil- wenn ich ewig lebte, würden sicherlich die Freuden des Lebens schließlich ihren Reiz verlieren. So aber behalten sie ihre ganze Frische. "Ich wärmte mir die Hände an des Lebens Feuer,
Nun es verlischt, geh ich willig von hinnen",

heißt es im Lied. Diese Lebensauffassung steht genau so gut mit der Vernunft im Einklang wie jene andere, die sich mit dem Tod nicht abfinden mag. Hingen demnach Stimmungen von vernunftgemäßen Erwägungen ab, so wäre genau soviel Grund zum Frohsein wie zur Verzweiflung."

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