zum Tode:


"Wenn es ein Feind wäre, dem man ausweichen kann, würde ich raten, Zuflucht bei der Feigheit zu nehmen; doch da dieses nicht angeht, da er doch erwischt, ob ihr feig seid oder flüchtet oder euch haltet wie ein redlicher Mann, und da euch kein Harnisch schützt, so laßt uns lernen, in festem Stand den Kampf mit ihm aufzunehmen.

[...]

Mehr noch: ich weiß aus Erfahrung, dass die Natur uns selbst beisteht und uns Mut verleiht. Ist es ein rascher, gewaltsamer Tod, so haben wir keine Zeit, ihn zu fürchten; ist er von anderer Art, so bemerke ich, dass ich in eben dem Maße, wie ich auf seine Annäherungen und auf die Krankheit eingehe, ganz unwillkürlich und von selbst das Leben ein wenig geringer einschätze. Es macht mir weit mehr zu schaffen, die Entscheidung für den Tod zu verdauen, wenn ich bei voller Kraft und Gesundheit als wenn ich krank bin: zumal ich da nicht mehr so sehr an den Annehmlichkeiten des Lebens hänge, weil ich mich ihres Genusses und der Freude an ihnen zu entwöhnen beginne; so erblicke ich den Tod mit viel geringerem Schrecken. Und dies läßt mich hoffen, dass ich, je weiter ich mich von jenem entferne und mich diesem nähere, um so leichter auf den Tausch werde eingehen können. "

entnommen aus:

Denken mit Michel de Montaigne: Eine Auswahl aus den Essais, vorgestellt von Andre Gide, Aus dem Französischen und mit einem Nachwort von Hanno Helbling, Seite 33 und 34, Diogenes- Verlag, 2005, ISBN 3 257 23497 x ,

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