AGGRESSION



GEWALT

AGRESSION UND GEWALT
Sie werden immer eine "überzeugende" Begründung finden : Schutz, Sicherheit, Frieden , Freiheit , Demokratie, ja sogar - den Willen Gottes

Dieses Relief bezieht sich im unteren Teil unter anderem auf eine von dem Medailleur Friedrich Wilhelm Hörnlein (1873-1945) gestaltete Plakette anläßlich des Überfalles von Nazi- Deutschland (Großdeutschland) auf die Sowjetunion am 21.6.1941 und auf die tags darauf im Reichtstag von Adolf Hitler im Reichstag gehaltene Rede:

"... DIE AUFGABE DIESER FRONT IST DAHER NICHT MEHR DER SCHUTZ EINZELNER LÄNDER, SONDERN DIE SICHERUNG EUROPAS UND DAMIT DIE RETTUNG ALLER."

 

Dass Böse "Böses" tun ist nicht verwunderlich - es ist jedoch erstaunlich, wieviel Böses durch Ideologien , Weltanschauungen und deren Anhänger , auch tief religiöse Menschen eingeschlossen , getan wird, die doch nur alle das Beste für die Menschheit im Sinn haben - und daran noch fest selbst glauben. Dabei spielt sicherlich in vielen Fällen auch die Korrumpierung des Menschen - speziell der Herrschenden- durch die Macht eine gewisse Rolle.

Zitat:
"Eine Armee unter der Führung des päpstliche Legaten Arnold Amaury belagerte die Stadt (Anmerkung des Zitierenden: gemeint ist Bézier in Frankreich) und forderte die Auslieferung von 222 Katharern , die eine kleine Minderheit der Bürgerschaft bildeten. Als die Ritter ihn fragten , wie sie die Katharer erkennen sollten, antwortete Amaury kaltblütig: "Tötet sie alle. Gott wird die Seinen erkennen." Im folgenden Blutbad wurde nichts und niemand verschont, und am Abend diese Tages lag die Stadt in Schutt und Asche." ( Das Zitat wurde entnommen aus : Sean Martin: Die Katharer;Evergreen ,2008, ISBN 978-3-8365-0463-8). Wir sind recht sicher, dass diese Aktion natürlich mit dem Wunsch unternommen wurde, Schlimmeres zu verhindern - das Schlimmere : das Seelenheil von Vielen zu gefährden. In wieweit Machtpolitik bei dieser Aktion im Spiele war, wissen wir natürlich nicht.

Thema diese Reliefs ist die Gewalt nicht des Einzelnen, sondern die Gewalt und Aggression durch Institutionen , Weltanschauungen sowie deren Anhänger.

Anmerkung des Autors dieser Webseite: Im katholischen Religionsunterricht hat er zwar etwas über die Christenverfolgung im Römischen Reich erfahren - für die Erwähnung der Verfolgung der Katharer durch den Papst, die einige Jahrhunderte später erfolgte, war aber leider die Zeit nicht vorhanden. Dies wollten wir hier wenigstens rudimentär nachholen.


Zum Thema Aggression und Gewalt drängen sich nicht wenige Fragen auf : Wie weit ist eine - nicht überzogene- Aggression ein Selektionsvorteil bei der natürlichen Evolution - etwa wie die Gier ? Wie weit heiligt der Zweck die Mittel ? ....

Weitere Zitate zum Thema :

"In uns setzen unsere Ahnen ihre Auseinandersetzungen fort. Alle alten Höllen und Himmel sind noch in uns. Ängste und Aggressionen des Steinzeitmenschen , dem wir geistig weithin noch gleichen, beherrschen uns ". ( Karl Jaspers, Zitat entnommen aus: Helmut Werner; Hölle - Jenseitsvorstellungen der Menscheit, Area- Verlag, 2005, ISBN 3-89996-405-5)


"Mit oder ohne sie würden gute Menschen gutes tun und schlechte Menschen schlechtes. Aber damit gute Menschen schlechtes tun, dafür braucht es Religion." - Steven Weinberg

 

"Aber von allen politischen Idealen ist der Wunsch, die Menschen glücklich zu machen, vielleicht der gefährlichste. Ein solcher Wunsch führt unvermeidlich zu dem Versuch, anderen Menschen unsere Ordnung Werte aufzuzwingen, um ihnen so die Einsicht in Dinge zu verschaffen, die uns für ihr Glück am wichtigsten zu sein scheinen; also gleichsam zu dem Versuch ihre Seelen zu retten. Dieser Wunsch führt zu Utopismus und Romantizismus. Wir alle haben das sichere Gefühl, daß jedermann in der schönen, der vollkommenen Gemeinschaft unserer Träume glücklich sein würde. Und zweifellos wäre eine Welt, in der wir uns alle lieben, der Himmel auf Erden. ... der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, produziert stets die Hölle."
(Die offene Gesellschaft und ihre Feinde II. Falsche Propheten. Hegel, Marx und die Folgen. München: Francke, 1980. 6.Aufl. S.291-292.)

 

Aus einer Buchbesprechung von Michael Holmes , WELT vom 10.4.2010 (Handbuch des Kommunismus von Stephan Courtois) :" Die kommunistischen Machthaber in aller Welt haben die marxistischen Ideen nicht verraten und verkauft, sondern konsequent umgesetzt. Ihre Argumentation läßt sich so zusammenfassen: Die Kommunisten waren der festen Überzeugung , den einzig möglichen Weg zum irdischen Paradies zu kennen. Sie fühlten sich verpflichtet, alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Menschen zu ihrem Glück zu zwingen. Da alles anders werden sollte, musste die revolutionäre Staatsgewalt auch alle gesellschaftlichen Bereiche unter ihre Kontrolle bringen. In den Augen der Kommunisten waren alle Klassen und Völker , die von der alten Ordnung profitiert hatten, für sämtliche Probleme auf dem Planeten verantwortlich. Andersdenkende wurden als Volksfeinde und Reaktionäre beschimpft. Jeder Mensch konnte jederzeit eingesperrt, gefoltert und ermordet werden."

 

Michael Hampe: Das vollkommene Leben, Hanser- Verlag, 2009, ISBN 978-3-446-23428-4 :

Die folgenden Zitate beziehen sich auf die Theorie von Freud, wie der Mensch durch Kultur seine aggressiven Tendenzen "bändigt":

" Statt andere Menschen und äußere Dinge anzugreifen, wendet sich die Aggression im kultivierten Menschen gegen die eigene Triebhaftigkeit. Der Impuls , aggressiv gegen andere Menschen und Dinge vorzugehen, wird aggressiv im Innern bekämpft, wobei die aggressive Energie in diesem Prozess der Verinnerlichung sogar zunimmt."
...


"Wenn die innere Aggression in der Gewissenskontrolle nicht nötig ist, sondern eine nach außen gerichtete "natürliche" Aggression kulturell geboten scheint, wie in Kriegszeiten oder anderen Gruppenkonflikten , tritt die im Inneren durch die Erziehung kulturell gebundene Aggression plötzlich wieder sichtbar nach außen. Wir haben gesehen, wie bei Freud die Unterdrückung der nach außen gerichteten Aggression das Gewissen noch aggressiver macht, die innere Aggression in der Kultivierung also wächst. Das Erstaunen darüber, dass auf eine kulturell befriedete Phase eine starke nach außen gerichtete Gewalttätigkeit im Krieg von den kultivierten Menschen selbst entwickelt werden kann, ist für Freud daher ganz unangebracht. Denn kultivierte Menschen sind nicht friedfertig, Ihre Fähigkeit zur Aggression hat sich während der Kultivierung sogar gesteigert durch ein erstarktes Über-Ich oder Gewissen. Die Kultur hat lediglich ihre Sinne verfeinert, so dass ihre Fähigkeit geschwächt ist, äußere Grausamkeiten , die mit Blutvergießen verbunden sind, zu ertragen, nicht aber wurde ihr Wunsch getilgt, sie zu begehen. ....

Wenn die Religion gebietet, etwas nicht zu tun und ein entsprechendes Gewissen hinsichtlich dieser Vorschrift ausgebildet worden ist, so kann die Agression gegen diejenigen, die dieses Gebot nicht anerkennen, umso schärfer auftreten. ..."

 

"Political language is designed to make lies sound truthful and murder respectable, and to give the appearance of solidity to pure wind ". (George Orwell; das Zitat wurde aus www.wikileaks.com entnommen, 6.4.2010).

Ende des Zitats


Die Ausübung von Aggression kann durchaus als extrem "lustvoll" empfunden werden - offensichtlich nicht nur in Einzelfällen . Recht beeindruckende Beispiele dafür sind in einer Veröffentlichung von Hans Peter Duerr: Der Mythos vom Zivilisationsprozess, Band 3 : Obzönität und Gewalt, Seite 228, Suhrkamp Verlag, 1993,enthalten.

... "Bomberbesatzungen aus dem zweiten Weltkrieg meinten sogar, die Ejakulationen, die sie beim Ausklinken der Bomben über den deutschen Städten gehabt hätten, seien "besser" gewesen als die auf einer Frau."

Ende des Zitats

Wir wollen diese Aussage nicht näher kommentieren, überlassen es jedoch dem Leser darüber zu entscheiden, ob das "Ausklinken von Bomben über den deutschen Städten" überhaupt als "Aggression" zu bewerten ist.


Verweis auf die Verhältnisse im "Alten Rom" (Zitat aus : Friedemann Bedürftig: Das Römische Imperium, Von der mythischen Gründung Roms bis zu seinem Untergang, Naumann &Göbel Verlagsgesellschaft mbH, ISBN : 978-3-625-12819-9):

"Man vereinbarte gegenseitigen militärischen Beistand, wobei Rom sich die alleinige Entscheidung über Waffengänge vorbehielt. Dabei achtete man strikt darauf, dass es sich um einen "gerechten und frommen Krieg" (bellum justum et pium) handelte zur Grenzverteidigung, zum Schutz von Schwächeren, zur Ahndung von Vertragsbrüchen oder zur Herstellung von Frieden."

Ende der Zitate

Für nähere Ausführungen wird auf die hier angegebene Litertaturquelle hingewiesen.


Zum Thema "Gewalt":

"Je absoluter sich (solche ) Gewalten setzen , desto stärker von Erosion gefährdet sind sie durch ihre Subjekte ("schwache"Täter) und Objekte (Opfer) . Um die Gefahr einer Durchbrechung oder gar Abschaffung des Gewaltsystems möglichst herabzusetzen, bedürfen traditionelle Gewalten des Korrelats "Liebe". Gewalt und Liebe stehen in einem - bislang so gut wie unerkannten- Wesens- und Funktionszusammenhang: Liebe geht notwendig in Gewalt über, die unter dem Vorwand, stets das Beste zu wollen, ihre erzieherische Macht ausübt, und Gewalt bleibt ohne Liebe (die auch unter dem Phänomen des Hasses erscheinen kann) auf Dauer ineffizient. Gewalt bedarf einer spezifisch zugerichteten Liebe, um sich zu decken und zu schützen. "

Zitat aus : Horst Herrmann: Sex und Folter in der Kirche; Bassermann, 2009, ISBN 978-3-8094-2418-5


Das Thema "Aggression und Gewalt" liegt nahe am Thema "Waffen". Wir wollen es nicht versäumen, dem Leser hier die "vernünftigste" und "moralischste" Waffe vorzustellen, die je gebaut wurde (zumindest nach Ansicht des Erfinders ) . Ist der Fortschritt nicht wirklich wunderbar, der so etwas ermöglicht !? Wir zitieren aus einer Todesanzeige für den US-Physiker Samuel Cohen (DER SPIEGEL, 49/2010, Seite 186 ) : "Der Anblick des im Korea-Krieg zerstörten Seoul verhalf ihm zur entscheidenden Idee. "Können wir nicht eine Nuklearwaffe bauen, die all das vermeidet?" , fragte der US-Physiker - und ersann 1958 ein Kriegsgerät, das Cohens Gegner für den Gipfel des Zynismus hielten: Die Neutronenbombe. Sie sollte zwar die Menschen töten, aber die Städte unversehrt lassen. Das sei die ultimative Waffe der Kapitalisten, lästerte der sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow: "Der Mensch wird auf eine Weise getötet, dass sein Anzug sauber bleibt."
Die Waffe wurde zwar gebaut, aber schließlich wieder verschrottet.

Die Kritik von Chruschtschow mutet uns allerdings etwas an, wie das Werfen von Steinen aus einem Glashaus heraus.Chemische und biologische Waffen , die (auch) in der Sowjetunion energisch weiterentwickelt wurden, haben schließlich ähnliche Eigenschaften.


Unvergessen bleibt uns eine Äußerung von Erich Miele (Leiter der STASI) vor der Volkskammer der DDR: "Aber ich liebe euch , ich liebe euch doch alle ".


Wir können allem widerstehen , nur nicht der Versuchung (Oscar Wilde) . Wir geben offen zu, dass wir schon wieder mal nicht der Versuchung widerstanden haben und führen ein in diesem Zusammenhang bedeutsames Zitat aus den Buch "das boese" des Philosophen Terry Eagleton an, das beschreibt, wie offensichtlich politisch interessenbehaftet teilweise die Eigenschaft des Bösen, des Aggressors, den Handelnden der Weltgeschicht zugeordnet wird:

"Richard J. Bernstein schreibt in seinem Buch Radical Evil , dass die Zerstörung des World Trade Center 2001 "zum Inbegriff des Bösen in unserer Zeit" geworden sei. Ihm scheint nicht bekannt zu sein, dass die Vereinigten Staaten in den letzten fünfzig Jahren unvorstellbar mehr unschuldige Zivilisten getötetr haben, als bei der New Yorker Tragödie umkamen. Zu dem Zeitpunkt, da ich dies schreibe , sind in dem verbrecherischen Krieg im Irak, zu dem diese Tragödie Anlass gab, möglicherweise mehrere Hundert Mal so viele Menschen abgeschlachtet worden. Bernstein übergeht einfach die selbstherrlichen Grausamkeiten und Massaker, die sein eigenes Land im Namen der Freiheit begangen hat. Die Schlechtigkeit, so scheint es, ist immer anderswo. Im Westen wird sie größtenteils den politischen Regimen zugeschrieben, die sich gegenwärtig dem Herrschaftsanspruch der Vereinigten Staaten mit Erfolg entziehen, etwa dem Iran und Nordkorea, sowie dem islamistischen Terrorismus, der in der Tat eine ernsthafte (wenn auch weidlich übertriebebne ) Gefahr für das menschliche Wohl darstellt. Nach der Begrifflichkeit dieses Buches ist dieser Terrorismus jedocht eher schlecht als böse- eine Unterscheidung, die weit mehr als bloße Wortklauberei ist. ...."

entnommen aus : Terry Eagleton: das böse, List Taschenbuch ,2012 , ISBN 978-3-548-61096-2

Korrekter Weise wollen wir hier nicht verschweigen, dass Terry Eagleton überzeugter Marxist und bekennender Katholik ist - wie das zusammengeht, ist uns allerdings nicht leicht vorstellbar.

Eine persönliche Bemerkung : Ein Staat oder auch mehrere Staaten können sich durchaus so verhalten, dass ein anderer, militärisch schwächerer Staat , der seinen eigenen Weg gehen will oder nicht besetzt werden will , sehr leicht in die Versuchung kommt, sich Atomwaffen zu verschaffen. Wer will ihm das unter diesen Umständen übelnehmen ?

 

Hinweis : Wir haben diese Zitate angegeben, um dem Betrachter eine Anregung zu geben, das vielschichtige Thema "Aggression" und "Gewalt" an Hand der hier gezeigten Reliefs "weiterzudenken". Es gibt unseres Erachtens durchaus auch Parallelen und Wechselwirkungen zwischen der persönlichen und der institutionellen Aggression. Zu bedenken ist auch , dass Aggression und Gewalt nicht nur physisch, sondern auch "mental" sein kann . Das können sicherlich nicht wenige Jugendliche aus Erfahrungen mit dem Internet und seiner Möglichkeit anonymer Verleumdungen und Beleidigungen bestätigen.


Zur verbalen Aggression : Um das Jahr 2000 wurde eine Internetseite in Deutschland etabliert, in der StudentInnen ihre ProfessorInnen anonym mit frei formulierbaren Bemerkungen "bewerten" konnten. Das führte zum Teil zu äußerst abfälligen, auch ordinären Beurteilungen, von denen ich hier aus gutem Grund keine zitieren möchte. Wir waren selbst zwar nicht davon betroffen,waren allerdings sehr darüber überrascht, was für abartige und offenbar psychisch kranke Menschen es zum Professor "gebracht hatten". Wir haben in der Folge dieses "Internetangebot zur Verleumdung" aber an geeigneter Stelle mit StudentInnen diskutiert Was uns damals ziemlich "erschüttert" hat: : Bis auf wenige Ausnahmen fanden die StudentInnen dieses "Angebot" ganz in Ordnung. An eine Bemerkung kann ich mich noch ganz gut erinnern: "Wenn's einem nicht passt, dann kann er ja zum Staatsanwalt gehen." Diese Äußerung hat mich damals ziemlich beeindruckt. Im Fernsehen sahen wir dann just zu dieser Zeit noch einen Lehrer, der über das große "Gerechtigkeitsgefühl" der Jugend philosophiert hat. Offenbar wird dieses dort gepriesene Gerechtigkeitsgefühl und Rechtsbewusstsein besonders aber nur dann angesprochen, wenn die Jugendlichen selbst unmittelbar tangiert werden. Beim Aushang von Klausurnoten in Zusammenhang mit dem Namen wurde Datenschutz von den StudentInnen ganz besonders "geschätzt" - mit dem Persönlichkeitsrecht anderer Gruppen nahm man es dafür nicht ganz so genau. Zumindest sind jetzt auch die Jugendlichen von der geschilderten Problematik des "Prangers" selbst betroffen, was die Öffentlichkeit etwas sensibler hinsichtlich von anonymen Verleumdungsmöglichkeiten im Internet gemacht hat.

Der Autor wundert sich beim Thema "Aggression" , dass in der Erziehung das Prinzip "Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu. " offensichtlich nicht oder nur sehr mangelhaft vermittelt wird. Unsere Schulen sind heutzutage Aufenthaltsräume von nicht geringer Aggression- wozu auch das Mobben allgemein zählt. Aber das ist ein andere Geschichte ...

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