DIE ZWEI SCHÜTZENDEN HÄNDE
EINES SEHR BESORGTEN ZENSORS
GEWIDMET DER GANZ NORMALEN HEUCHELEI IM GESELLSCHAFTLICHEN UND PRIVATEN BEREICH
ACH, FAST HÄTTEN WIR ES VERGESSEN: EINE BELIEBTE
DOMÄNE DER HEUCHELEI IST AUCH DIE GESCHICHTSSCHREIBUNG . DIE GESCHICHTSSCHREIBER
SIND JA AUCH WIRKLICH BENEIDENSWERT:
Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht hauptsächlich
darin, daß Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann.
Samuel Butler (1835-1902), engl. Philosoph u. Essayist
DIESE PLAKETTE WURDE INNERHALB DES MEDAILLENPROJEKTES 2009 DES MEDALLIC SCULPTURE STUDIO SOFIA, BULGARIEN, ENTWORFEN- EIN PROJECT VON PROF. B.NIKOLOV FÜR STUDIERENDE, LEHRENDE UND GASTKÜNSTLER (www.artmedal.net)
Die "Heuchelei" und die "Lüge"
haben eine gemeinsame "Schnittmenge". Es ist nicht immer ganz eindeutig,
ob im realen Fall das eine oder das andere oder beide gemeinsam vorliegen.
Unter Heuchelei versteht man ein moralisch negativ belegtes Verhalten, bei
dem eine Person nach außen hin ein Bild von sich vermittelt, das nicht
ihrem realen Selbst entspricht. (entnommen aus "WIKIPEDIA" , 2013
- dort Verweis auf den Duden, 2010). Allerdings gilt hier sinngemäß
wohl auch ein Satz aus dem Neuen Testament : Wer von euch ohne Sünde
ist, der werfe den ersten Stein (auf sie)!* Manchmal stellt es sich erst nach
etlichen Jahren heraus, dass eine Person, bei der man dies mit Gewissheit
nicht vermutete, geheuchelt (oder doch "nur" gelogen?) hat, um ein
besseres Bild von sich in der Öffentlichkeit zu erzeugen.
Wir zitieren aus einem Zusammenhang, der sich auf den möglichen Bau einer
Atombombe im zweiten Weltkrieg bezieht: : "Heisenberg war unendlich weit
von der Physik entfernt, die von ihm gefordert wurde und die einige Historiker
suchen. Sie suchen, was es bei ihm nicht gibt- sich aber in seiner Nähe
herumdrückt. Hier findet man seinen Schüler Carl Friedrich von Weizsäcker,
von dem inzwischen bekannt ist, wie dreist er die Nachwelt belogen hat. Weizsäcker
hat uns vorgeschwindelt, in Deutschland habe man sich in den Kriegsjahren
nur mit "wärmeliefernden Maschinen" beschäftigt, während
man inzwischen weiß, dass er mehrere Patente auf Plutoniumbomben erworben
hat. An einer Stelle des Briefwechsels durchschaut Heisenberg seinen diabolischen
Schüler. Am 14.10.43 schreibt er seiner Frau, dass er sich "im Grunde
überhaupt nicht mit" von Weizsäcker versteht. Der Adlige rede
ihm zu viel von einem neuen Glauben, der den Menschen mit Feuer und Schwert
zu bringen sei. "Wer nicht das Gleiche glaubt wie ich, muss ausgerottet
werden", spricht der Herr von Weizsäcker, der 1963 den Friedenspreis
des Deutschen Buchhandels erhalten hat." (Ernst Peter Fischer: Keine
Ruhe für die Seele, Literarische Welt, DIE WELT, Seite 7, 22.Oktober
2011)
Da wir uns jedoch vor einem vorschnellem Urteil hüten wollen und uns
bewusst sind, dass die "Wahrheit" nicht selten komplizierter ist,
als sie sich dem ersten Augenscheine nach "offenbart", geben wir
noch eine weiteren Hinweis zum Vorstehenden:
"Hätten sich die Wissenschaftler um Otto Hahn- allen voran Werner
Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker- nicht im Winter 1941 entschlossen,
die Waffenentwicklung aufzugeben, hätte Hitler um die Jahreswende 1944/45
womöglich über eine Atombombe verfügen können."
(Ulrich Völklein: Die Weizsäckers; Macht und Moral- Porträt
einer deutschen Familie, Seite 15, Droemer, 2004, ISBN 3-426-27319-5)
Aus derselben Literaturquelle: "Carl Friedrich von Weizsäcker beendete
die Unterhaltung nach einiger Zeit und brachte sie für sich auf den Punkt
(Seite 260): "Die Geschichte wird festhalten, dass die Amerikaner und
die Engländer eine Bombe bauten und das zur selben Zeit die Deutschen
unter dem Hitler-Regime eine funktionsfähige Maschine [einen Reaktor]
herstellten. Mit anderen Worten, die friedliche Entwicklung der Uranmaschine
fand in Deutschland unter dem Hitler-Regime statt, während die Amerikaner
und die Engländer diese grässliche Kriegswaffe entwickelten."
"
(Entnommen aus: Operation Epsilon. Die Farm-Hall-Protokolle oder Die Angst
der Alliierten vor der deutschen Atombombe. S. 172 f).
Wir wollen diese Aussage nicht näher kommentieren- ein Kommentar ist
in der von uns vorstehend zitierten Literaturquelle von U. Völklein enthalten,
in der auch allerdings darauf hingewiesen wird, dass in eigenen, damals unveröffentlichten
Aufzeichnungen sich Carl Friedrich von Weizsäcker "sehr viel differenzierter
als öffentlich vor seinen Kollegen in Farm Hill ausgedrückt hat."
Abschließend noch ein Zitat von Carl Friedrich von
Weizsäcker, das wir der gleichen Literaturquelle (U. Völklein) entnommen
haben (Seite 7):
" Im Grunde wäre ich am allerzufriedendsten
gewesen, wenn man mich nach 1946 überhaupt nicht mehr gefragt hätte,
was wir früher getan haben, sondern nur, was wir künftig tun wollen.
Warum soll ich unablässig über die Vergangenheit reden? Ich habe
gesagt, was ich zu sagen habe. Es kann sein, dass ich irgendwo bewusst gelogen
habe, es kann sein, dass ich verdrängt und unbewusst gelogen habe.[...]
Geschichte ist etwas, das vielleicht im Grunde erst geschrieben werden kann,
wenn alles so lange vorbei ist, dass niemand mehr lebt, der ein aktuelles
Interesse daran hat, wie es gewesen sein sollte."**
An dieser Stelle drängt sich uns die alte Frage auf: Was ist Wahrheit?
Wie weit kann man kann man sich selbst belügen? Um eines "höheren"
Zieles willen- oder um mit sich selbst ins Reine zu kommen !?
WIR HABEN DIESE GEGENÜBERSTELLUNG VON ZWEI RECHT UNTERSCHIEDLICHEN POSITIONEN
KURZ DARGESTELLT UM ZU ZEIGEN, WIE SCHWIERIG, JA FAST UNMÖGLICH ES SEIN
KANN, DAS VERHALTEN UND DIE "GESINNUNG" EINES MENSCHEN ZU BEURTEILEN.
AUF DAS THEMA DER PLAKETTE BEZOGEN: BEI DER BEURTEILUNG, OB HEUCHELEI IN EINEM
KONKRETEN FALL VORLIEGT, IST ES GEBOTEN, SEHR, SEHR VORSICHTIG ZU SEIN UND
SICH VOR VORSCHNELLEM URTEIL ZU HÜTEN.
""DAS HABE ICH GETAN", SAGT MEIN GEDÄCHTNIS.
"DAS KANN ICH NICHT GETAN HABEN" SAGT MEIN STOLZ UND BLEIBT UNERBITTLICH.
ENDLICH- GIBT DAS GEDÄCHTNIS NACH." (FRIEDRICH NIETZSCHE:
JENSEITS VON GUT UND BÖSE)
Der Leser möge sich sein Urteil über seine eigene
"Anfälligkeit" in dieser Angelegenheit bilden.
Ob man auf Heuchelei in der Politik verzichten kann und
in jeder denkbaren Situation überhaupt weglassen sollte, bezweifeln wir
persönlich. Verwendet wurde sie allerdings in diesem Bereich bereits
äußerst häufig: Nicht wenige Kämpfe um Macht und Vorherrschaft
wurden als religiös und weltanschaulich begründete Auseinandersetzungen
"getarnt"- damit lassen sich die Beteiligten besser motivieren-
sie sterben dann wenigstens mit einem guten Gewissen- gegebenfalls sogar noch
in der Hoffnung auf "Himmelslohn".
* Es gibt übrigens einen "religiösen Witz",
der sich auf die Szene- konkreter Anlass war ein Ehebruch- im Neuen Testament
bezieht, bei der Jesus diesen Satz ausspricht. Die Kläger beginnen den
Platz zu verlassen. Zunächst passiert gar nichts. Dann fliegt plötzlich
ein Stein aus der Menge in Richtung auf die "arme Sünderin",
die zur Steinigung "vorgesehen" war. Die Reaktion von Jesus? Ein
vorwurfsvolles: "Mutter!"
** Was eine "objektive" Geschichtsschreibung anbelangt, sind wir
allerdings noch skeptischer, als es dem Zitat entspricht. Auch die viel später
Geborenen können durchaus aus "nationalen", allgemein politischen,
weltanschaulichen, ... Gründen noch lange Zeit nach dem realen Geschehen
ein großes Interesse daran haben, die Geschichte in ihrem Sinne zu beschreiben
oder umzuschreiben . Ob sie dem widerstehen können? Es reicht auch schon,
gewisse- für eine angemessene Beurteilung und zum Verständnis wichtige-
Ereignisse und Hintergrundinformationen einfach wegzulassen. Was wichtig oder
unwichtig ist, das zu entscheiden, ist schließlich recht subjektiv.
Als kleine Anregung für einige Assoziationen zum Thema:
Heuchler sind die gefährlichsten Feinde. (Publius
Cornelius Tacitus)
Leider gibt es in der Moral wie in der Religion viele Heuchler. (Claude-Adrien Helvetius)
Die unerträglichsten Heuchler sind die, die jedes Vergnügen, das ihnen geboren wird, von der Pflicht zur Taufe tragen lassen. Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach)
Der schlimmste Feind der Wahrheit ist nicht die Lüge, sondern die Heuchelei. (Aus Portugal)
Jedermann haßt die Heuchelei, und mit Recht, gleichwohl muß jedermann mehr oder weniger eine Maske tragen. Sagt doch das Evangelium selbst: Seid klug wie die Schlangen! Und eben diese Klugheit, dieser Firnis, der wohl gar Kultur genannt wird, ist doch nichts anderes, als die feinere Maske der Heuchelei, sobald sie wie Weltklugheit aussieht. ( Adolph Freiherr von Knigge)
Ei ja! Da bin ich wirklich froh! Denn, Gott sei Dank! Ich bin nicht so! (Wilhelm Busch)
Die beste Charaktereigenschaft ist die, im Rufe der Offenherzigkeit zu stehen, an Verschwiegenheit gewöhnt zu sein, Verstellung zeitweilig zu gebrauchen und die Fähigkeit der Heuchelei zu besitzen, wenn kein anderes Mittel gegeben ist. (Bacon, Essays, 6, Verstellung und Heuchelei)
Es wäre ein Wunder, wenn ein junger Mann, der unter
einem unausgesetzten System unnatürlichen Zwanges steht, nicht zuletzt
ein Heuchler würde. (Dickens, Harte Zeiten, II, 119)
Und zum Schluss noch einen echten Leckerbissen, einen praxisbezogenen
Ratschlag, für den Fall, dass es 'mal ohne Heuchelei "nicht gehen
sollte": : Sei ein Heuchler, wenn du willst; aber sprich nicht
wie ein Heuchler! (Diderot, Rameaus Neffe)
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