Formale Sehweisen


"Zu lange haben bei uns zu viele allzu kluge Autoritäten bei uns die moderne Kunst aus einer rein formalen Sehweise heraus interpretiert, haben in ihr nur die Reflexion ihrer eigenen Stilmittel, nur ein freies Spiel der Farben und Formen sehen wollen und die in den formalen Tendenzen manifest werdenden geistigen Impulse gar nicht oder nur ungenau wahrgenommen. Ja, es kam so weit, dass zeitweilig jeder offenbare oder auch nur geheime Bezug zur sichtbaren Realität, jeder noch so versteckte Verweis auf eine spirituelle Bedeutungsebene als suspekt, als Manko galt- und viele unser besten Künstler fühlten sich bis in die jüngste Zeit gedrängt, in ihren Selbstzeugnissen anzugeben, sie seien eigentlich nichts als der Form verpflichtete "abstrakte" Maler, mochte der komplexe spirituelle Gehalt ihrer Bilder ihnen noch so deutlich widersprechen. "

Es gibt also offensichtlich auch nach Ansicht von Kunstexperten durchaus Moden in der Auffassungen und Wahrnehmungen von und in der bildenden Kunst. Dies beeinflusst dann natürlich auch die Künstler selbst in ihrem Schaffen. Der Zeitgeist lässt grüßen!

Wieland Schmied in Zusammenarbeit mit Jürgen Schilling: GegenwartEwigkeit, Spuren des Transzendenten in der Kunst unserer Zeit, Seite 24, Edition Cantz, 1990, ISBN 3-89322-179-4

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